Der folgende Bericht erschien im Journal für Oberflächentechnik – JOT) – Ausgabe 10/2025. Wir veröffentlichen ihn im Wortlaut:

Serienlackierung der S3-Helmschalen mit Dekor-Applikation des glänzenden Klarlacks. (Foto: Schuberth)
Ein deutsches Unternehmen entwickelt und fertigt Helme, bei denen die Sicherheit an erster Stelle steht. Dabei spielt auch die Oberflächenlackierung eine entscheidende Rolle. Sie ist Ausdruck des hohen Qualitätsniveaus. Mit einer speziellen Zerstäubungsoptimierung konnte der Helmhersteller Oberflächenqualität, Effizienz und Ressourceneinsatz noch weiter verbessern.
„Die Qualität hat bei uns immer oberste Priorität. Da machen wir keine Kompromisse, niemals!“ Das sagt Martin Schwenke, Betriebstechnologe für Oberflächentechnik bei der Schuberth Holding GmbH in Magdeburg. Das Unternehmen produziert Kopfschutzsysteme – Helme für Motorradfahrer, für den Motorsport sowie für den Arbeitsschutz, die Feuerwehr, die Polizei und das Militär. Beim Lackieren der Helme kommt inzwischen die airmatic-Zerstäubungsoptimierung zum Einsatz – ein innovatives Gerät der ensutec Products GmbH aus Langenenslingen in Baden-Württemberg.
Durch die airmatic-Zerstäubungsoptimierung wird der Lack bereits im Sprühprozess feiner und gleichmäßiger zerstäubt. Homogene Tropfengrößen sorgen dafür, dass sich der Lack gleichmäßiger auf der Oberfläche verteilt und auch komplexe Geometrien besser erreicht werden. Gleichzeitig neutralisiert die integrierte elektromagnetische Einheit (EMP) statische Aufladungen auf dem Werkstück und in der Lackwolke – das verhindert, dass Lackpartikel unkontrolliert abgelenkt oder von Staubpartikeln verunreinigt werden.
Das Ergebnis ist eine deutlich homogenere Lackschicht mit höherer Deckkraft und brillanterem Oberflächenfinish. Neben der Qualitätssteigerung reduziert sich der Overspray, der Druckluftbedarf sinkt und die Trocknungszeiten verkürzen sich spürbar. Durch die präzisere Applikation fallen Nacharbeiten wie Schleifen oder Polieren oft nur noch in geringem Umfang an, was einen klaren Vorteil in Effizienz, Materialeinsatz und Nachhaltigkeit darstellt.
Laut Schwenke hat die Technologie die Lackierung der Helme nicht nur vereinfacht, sondern auch erkennbar verbessert. Und das wiederum hat einen Nebeneffekt, der in seiner Deutlichkeit überrascht: Beim Basislack konnten 8 % bis 23 % und beim Klarlack 13 % bis 19 % eingespart werden. Bei Kleinteilen fallen die Einsparungen sogar noch deutlicher aus: „Hier erreichen wir im Schnitt bis zu 25%, manchmal sogar 36 %“, berichtet Schwenke.
Vielfältige Anforderungen erschwerenden Lackierprozess
Bevor die Helme in die Lackierkabine kommen, werden die Helmschalen grundiert und angeschliffen, die Anbauteile mit Isopropanol gereinigt. Anschließend durchlaufen alle Bauteile eine Ionisierungsstation, die statische Aufladung entfernt. So wird die Anziehung von Staubpartikeln verhindert und eine gleichmäßige Beschichtung sichergestellt. Danach folgen zwei Schichten Farblack, ehe die Helme im Trockner aushärten. Zum Abschluss wird ein UV-härtender Klarlack mit einem geringen Anteil Lösemittel aufgetragen, der für dauerhaften Glanz und Schutz sorgt.
Derzeit arbeitet Schuberth an der Einführung einer automatisierten Vorreinigung aller Teile. Das Lackieren von Bauteilen aus Kunststoff ist ein anspruchsvoller Prozess voller Tücken. Die sehr glatte, nicht poröse Oberfläche erschwert die Haftung des Lacks. Zudem ziehen Kunststoffe Staub und Fasern an – winzige Partikel, die sich vor dem Lackieren auf der Oberfläche absetzen und später Unregelmäßigkeiten im Finish verursachen können.

Bei den Helmschalen von Schuberth kommt eine zusätzliche Dimension hinzu: Sie entstehen im Direct Fiber Processing (DFP), einem aufwendigen Verfahren, bei dem Glasfasern und Carbongewebe über mehrere Schritte in einer Harzmatrix verarbeitet werden. Diese komplexe Materialkombination sorgt für höchste Festigkeit, stellt die Lackierung jedoch vor besondere Herausforderungen.
Eine weitere Schwierigkeit, die es zu überwinden gilt, ist die zunehmende Komplexität im Aufbau der Helme aufgrund neuer Designvorgaben und speziellen Kundenwünschen. Die Helme haben Belüftungsschlitze und Luftkanäle, Vertiefungen und Kanten sowie oft viele kleine Anbauteile. All das macht ein gleichmäßiges Auftragen des Lacks extrem schwierig. Zudem müssen die Lackschichten einerseits deckend, andererseits auch sehr dünn sein. Schon minimale Abweichungen in der Schichtdicke können den Farbton verändern, andere Teile beeinträchtigen oder in ihrer Funktion stören. Und nicht zuletzt kommen immer wieder neue Anforderungen des Umwelt und Arbeitsschutzes. So zog sich beispielsweise der Wechsel von lösungsmittelbasierten zu wasserbasierten Lacken bei Schuberth über 14 Jahre hin. Dank der engen Zusammenarbeit mit Lackherstellern konnte dieser Vorgang vor einem Jahr endlich abgeschlossen werden.
Ein gleichmäßiger Sprühstahl vereinfacht die Programmierung
Dass Schuberth nun die airmatic-Zerstäubungsoptimierung nutzt, ist einem kleinen Zufall zu verdanken: Schon während seines dualen Studiums erhielt Schwenke die Unterlagen zu den airmatic-Geräten von Ensutec. Doch erst Jahre später als technologischer Verantwortlicher für den Bereich Lack und Dekor, beschäftigte sich Schwenke intensiver mit den Informationen. Nach eingehender Prüfung genehmigte Schuberth schließlich die Investition.
Heute ist bei Schuberth an den drei Robotern der Decklacklinien eine airmatic-Zerstäubungsoptimierung mit integrierter Temperierung installiert. Vor deren Einführung war die Programmierung deutlich zeitaufwändiger: Die komplexe Geometrie der Helme mit zahlreichen Designkanten, Hinterschnitten, Öffnungen und wechselnden Innen- und Außenradien erforderte eine aufwendige Anpassung jedes einzelnen Sprühvorgangs. Hinzu kam die typische Eigenart herkömmlicher Sprühstrahlen, in der Mitte mehr Lack zu applizieren als an den Rändern. Dies ist ein zusätzlicher Faktor, der präzise Korrekturen und viel Programmierarbeit notwendig machte.
Die airmatic-Zerstäubungsoptimierung sorgt jetzt dafür, dass der Sprühstrahl wesentlich gleichmäßiger ist. Und das wiederum vereinfacht das Schreiben der Programme erheblich. Die bereits sehr hochwertige Oberfläche wird durch die neue Technologie weiter verfeinert. Die optimierte Beschichtungsqualität führt zugleich zu einer deutlichen Reduzierung des Lackverbrauchs – nicht als primäres Ziel, sondern als direkte Folge der präzisen und gleichmäßigen Arbeitsweise des Systems.
Nach den ersten Einsätzen mit der airmatic waren allerdings unerwartete Probleme aufgetreten: Die Förderpumpen für den Lack, die ursprünglich stabil bei Zerstäubungsoptimierung mit EMP-Einheiten. 20 bis 40 min-1 liefen, wurden plötzlich zu langsam. Grund war der so stark gesunkene Lackverbrauch, dass die Pumpen gegen kleinere ausgetauscht werden mussten.
Mit der airmatic-Technologie kann Schuberth seinen Qualitätsansprüchen weiterhin gerecht werden und sogar übertreffen. „Vor allem einige Effekt- und Leuchtfarben wie unser Leuchtgelb bekommen wir jetzt erheblich gleichmäßiger aufgetragen“, erzählt Schwenke. Diese Farbe darf nur ganz dünn, aber auch nicht zu dünn appliziert werden, sonst ändert sich der Farbton. Mit der neuen Technik gelingt es Schuberth besser und zuverlässiger innerhalb dieser engen Toleranzen zu bleiben.
Perfekte Oberflächen – und dazu enorme Einsparungen. Die Programmierzeiten haben sich verkürzt. Der Lackverbrauch konnte deutlich reduziert werden. Nicht zu vergessen die Druckluft: Hier schätzt Schuberth die Einsparungen auf 20 % bis 30 %. Es zeigt einmal mehr: Mit innovativen Technologien lassen sich Effizienzsteigerungen realisieren – und manchmal sogar eine bereits perfekte Qualität weiter optimieren.



